Vor einiger Zeit war ich bei meinen Großeltern zum Mittagessen eingeladen. Es gab einen deftigen Weißkohleintopf. "Die gute Landkost", wie meine Oma dieses Essen immer nennt. Meine Großeltern gehören beide zur Kriegskinder-Generation. Ich höre mir immer gern die Geschichten aus ihrer Kindheit an, auch wenn die nicht immer fröhlich sind. Als es wieder einmal darum ging, dass mein Opa zwei Flüchtlingstrecks mitgemacht hat und meine Oma erzählt hat, dass sie sich noch gut daran erinnern kann, dass sie öfter mal den Flüchtlingen etwas zu essen über den Zaun gegeben haben wurde ich hellhörig. Mich interessierte natürlich, warum ihre Familie trotz des Krieges immer reichlich zu essen hatte. Die Antwort war denkbar einfach: Sie hatten einen Garten, in dem ihre Mutter Gemüse anbaute. Es wurde gegessen, was der Garten im jeweiligen Monat hergab. Was nicht gegessen wurde, wurde entweder eingelagert oder haltbar gemacht und dann im Winter verarbeitet oder aufgegessen. Klingt einfach, oder? Für die Generation meiner Großeltern war das auch die tägliche Normalität. Es gab keine Supermärkte, in denen 365 Tage im Jahr jegliches Obst und Gemüse in Hülle und Fülle zur Verfügung stand. Meine Großeltern wussten damals noch, welche Lebensmittel wann im Jahr zur Verfügung standen. Sie lernten es von ihren Eltern, die wussten es von ihren Eltern und so ließe sich diese Kette endlos fortsetzen.
Heute gehört die Behandlung von Krankheiten wir Diabetes Mellitus, Bluthochdruck, Osteoporose und chronisch entzündlichen Erkrankungen zum täglichen Brot eines Heilpraktikers. Auch Allergien sind immer weiter auf dem Vormarsch. Selbst die Kleinsten leiden zum Teil schon unter heftigen allergischen Symptomen oder Unverträglichkeiten. Als meine Großeltern Kinder waren, gab es das auch schon. Allerdings waren diese Erkrankungen im Vergleich zu heute verdammt selten. Wenn jemand z.B.an Diabetes erkrankte, wussten die Angehörigen meistens, von welchem Verwandten dieses Dilemma vererbt wurde. Heutzutage werden diese Erkrankungen als "Wohlstandskrankheiten" bezeichnet, ausgelöst durch Überernährung, zu viel Zucker, stark verarbeiteten Lebensmitteln mit vielen Zusatzstoffen und Bewegungsmangel. Meine Großeltern mussten noch bis zu 10 Kilometer zur Schule oder später dem Arbeitsplatz zu Fuß gehen. Was für meine Generation als Qual empfunden werden würde, war eigentlich der Garant für die geistige und körperliche Gesundheit der früheren Generationen. Unser Körper ist nicht dafür konzipiert, acht Stunden am Tag zu sitzen oder überall hin bequem mit dem Auto zu fahren. Die meisten Menschen wissen nicht, dass die Regulationsmechanismen unseres Körpers maßgeblich mit der körperlichen Bewegung zu tun haben.
Aber zurück zu den Essgewohnheiten meiner Großeltern.....
Ernährung war früher nichts, was so nebenbei passierte. Die Zeit, die dafür aufgebracht wurde, zählte ganz normal zum Alltag. Es gab auch nicht jeden Tag Fleisch und Wurst, sondern die Ernährung war eher gemüselastig. Es wurde gemeinsam gegessen und Fertiggerichte waren ein Fremdwort und sowas wie Softdrinks gab es schonmal gar nicht. In Sachen Ernährung war also tatsächlich früher alles besser. Denn der Körper konnte die Nahrung auch tatsächlich verstoffwechseln. Während Stoffwechselkrankeiten wie Gicht früher ein Zeichen von Wohlstand waren, zeugen sie heute von schlechter Lebensmittelauswahl im unteren Preissegment. Als Kind kann ich mich nicht daran erinnern, jemals meine Oma dabei erwischt zu haben, ein Fertiggericht aufzuwärmen. Doch auch an ihnen ging diese Entwicklung leider nicht vorbei. Je älter meine Großeltern wurden, umso empfänglicher wurden sie für die moderne, schnelle Ernährung. Die Quintessenz dieser Entwicklung war jedoch, dass meine Großeltern seit Jahren unter Blutdruckproblemen und eben Diabetes Mellitus Typ 2 leiden.
Die naturbelassene Ernährung, die vor 80 Jahren völlig normal war, ist heute eine Rarität. Man erkennt sie nur noch, wenn Kennzeichnungen wie "Bio-Gütesiegel" oder "Demeter" darauf zu finden sind. Zudem ist die naturbelassene Ernährung auch deutlich teurer, weil die Bio-Landwirtschaft nicht in dem Maß subventioniert wird, wie die Politik die konventionelle Landwirtschaft unterstützt, dabei aber wesentlich aufwändiger ist. Wer weiß denn heute noch, wie ein frisch gepflückter Apfel riecht, wenn man nicht selbst einen Apfelbaum im Garten hat oder das intensive Aroma von gehackter frischer Petersilie? Viele Erkrankungen oder auch auch die Lebensqualität beeinträchtigende Symptome wie Müdigkeit und Leistungsknick, könnten verhindert werden, wenn einfach wieder vermehrt auf frische und unverarbeitete Lebensmittel zurückgegriffen werden würde. Kaum zu glauben, aber wir könnten auch überleben, wenn wir keine importierten Südfrüchte verzehren würden. Zumal diese Früchte meist unreif gepflückt werden, damit sie im Supermarktregal dann noch frisch aussehen. Denn Früchte reifen auch nach, wenn sie nicht mehr an der Pflanze hängen. Das hat aber zur Folge, dass sie auch viel weniger Nährstoffe enthalten als eine Frucht, die erst geerntet wird, wenn sie an der Pflanze ihre volle Reife erlangt hat. Denn erst kurz vor der Reife bilden Früchte ihre volle Nährstoffdichte aus. Das ist der Grund, warum wir heutzutage auch Nährstoffmangel leiden, obwohl wir uns vermeintlich gesund ernähren. Dieses Problem kannten meine Großeltern in ihrer Kinder und Jugendzeit nicht. Denn damals kam niemand auf die Idee eine grüne Tomate zu ernten, und sie dann wochenlang liegen zu lassen bis sie endlich rot ist. Wahrscheinlich hätten die Menschen früher uns für verrückt erklärt, wenn sie gewusst hätten wie ihre zukünftige Ernährungsweise aussieht.
Ich bin dankbar dafür, dass ich noch die Möglichkeit habe, meine Großeltern über ihre Erlebnisse ausfragen zu können. Das ist lebendige Geschichte und auch wenn damals nicht alles besser war, so waren die Menschen trotzdem auf jeden Fall gesünder und vielleicht können wir uns zumindest in Sachen Ernährung ein kleines Beispiel an unserer Großeltern-Generation nehmen.
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