In meiner Praxis behandle ich hauptsächlich Schmerzpatienten. Viele davon haben tatsächlich ernste Erkrankungen oder durch den Beruf bzw. Lebenssituation hervorgerufene Störungen der Körperstatik wie z.B. Wirbelfehlstellungen oder Beckenschiefstand. Aber manchmal manifestieren sich auch Schmerzen, obwohl eigentlich alles in Ordnung zu sein scheint. Klar, jeder von uns hat zwischendurch mal ein Zipperlein. Aber bei manchen Menschen werden die Zipperlein irgendwann zu echten Problemen.
Doch warum ist das so? Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten, denn die Möglichkeiten, warum ein Mensch krank wird, sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Aber nach meiner Erfahrung spielen seelische Gründe sehr häufig tatsächlich eine Rolle für chronische Schmerzen. Psychosomatisch stehen z.B. Verspannungen für das Eingeengtsein. Das unterschwellige Gefühl des eingeengtseins bzw. des sich nicht entfalten könnens ist leider etwas, das heutzutage für viele Menschen die Lebensrealität darstellt. Der Leistungsdruck der Gesellschaft und am Arbeitsplatz führt oftmals dazu, dass zu wenig Zeit bleibt, um sich auch mal eine Pause für Dinge zu gönnen, bei der die Seele sich entfalten kann. Sei es durch ein Hobby oder einfach nur dabei, den Vögeln beim fliegen zuzuschauen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass besonders das Berufsleben in unseren Breitengraden dazu beiträgt, sich nicht entfalten zu können. Bevor ich mich dazu entschlossen hatte Heilpraktikerin zu werden und die Praxis zu gründen, hatte ich einen Bürojob. Er war einträglich und bot ein sicheres Gehalt. Doch ist es ein weit verbreitetes Problem, dass von Vorgesetzten nicht immer der Respekt gezollt wird, der von den Angestellten erwartet wird und der ihnen auch zusteht. Ich weiß wovon ich spreche.... Mir wurden Dinge gesagt wie "es ist nicht schlimm, wenn sie etwas nicht wissen, sie sind ja nur eine Frau" oder ich wurde einfach nur angeschrien. Auch bei mir ist das nicht spurlos vorbei gegangen. Ich wusste, dass ich etwas ändern musste, als ich plötzlich Migräne bekam.
Wenn ich mich mit meinen Patienten unterhalte höre ich oft ähnliche Dinge. Sie sind müde und ausgelaugt und können sich eben nicht entfalten. Tragen die Menschen viel Verantwortung, die sprichwörtlich auf "ihren Schultern lastet", haben sie die Probleme häufig im Schulter-Nacken-Bereich. Patienten, die sich zu wenig unterstützt fühlen, haben die Probleme sehr häufig im Kreuz- bzw. Beckenbereich. Ein sehr eindrückliches Beispiel dafür fand ich kürzlich in einer Zahnarztpraxis in Berlin-Mitte. Ich machte die Bekanntschaft mit einer jungen Zahnärztin, der ich bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen durfte. Man merkt sofort, dass diese Zahnärztin ihren Beruf liebt. Sie sprüht vor Energie und schafft es sogar, ihre Mitmenschen damit anzustecken. Bei meiner Hospitation merkte ich jedoch schnell, dass ihre Assistentin an ihre Grenzen kam. Bei einem anschließenden Gespräch erkannte ich auch warum. Die Assistentin muss ich sich dem Tempo der Zahnärztin anpassen und trotzdem noch ihre Arbeit schaffen - ohne Kompromisse. Würde sie das nicht tun, bekäme ich sie mehr oder weniger Ärger. Während die Zahnärztin erst kurz vor ihren Behandlungen in die Praxis kommt, sind die Assistentinnen bereits schon eine Stunde vor der ersten Behandlung vor Ort und bereiten alles vor. Sind alle Patienten behandelt, geht die junge dynamische Zahnärztin in den wohlverdienten Feierabend, während die Assistentin noch das Behandlungszimmer reinigt, die Instrumente sterilisiert und alles für den nächsten Tag vorbereitet. Wenn die Assistentin nach Hause kommt, hat sie möglicherweise noch eine Familie, mit der sie Zeit verbringen möchte oder sie muss noch den Haushalt erledigen. Wo bleibt also noch die Zeit, um sich zu entfalten? Dieses Beispiel kann ich problemlos auf sämtliche Berufsgruppen übertragen.
Ich hatte vor einigen Wochen auch die Gelegenheit, mich mit einer Coach für berufliche Entwicklung zu unterhalten. Dieses Gespräch bestätigte meine Theorie, dass der berufliche Alltag bei vielen Schmerzpatienten der Knackpunkt ist. Sie erzählte mir, dass ihre Coachings oft im Rahmen von beruflichen Rehamaßnahmen stattfinden, bei der Menschen vor ihr sitzen, die durch die Arbeit krank geworden sind. Viele von Ihnen klagen über anhaltende Schmerzen. Migräne, Rücken, Bauch..... die Lokalisationen der Beschwerden sind so vielfältig wie die Menschen selbst.
Ich selbst habe mir angewöhnt, nicht nur die Beschwerden der Patienten während der Behandlung zu betrachten, sondern auch ihre Lebensumstände. Eine energetisierende Massage ist manchmal mehr wert, als jedes zeitaufwändige Therapiekonzept. Selbstverständlich ist das vom jeweiligen Beschwerdebild abhängig. Auch lasse ich die Patienten selbst entscheiden, wann sie für eine weitere Behandlung wiederkommen möchten. Das ist vielleicht unternehmerisch nicht immer der beste Weg, wenn man selbständig ist. Aber Schmerztherapie ist ganzheitlich betrachtet eben doch mehr, als nur das Symptom Schmerz manuell zu behandeln.
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